Mit Gebet und Gebell

Ganz still ist es auf dem Hof, als das Abschlussgebet gesprochen wird. Nur das leise Rascheln und Gurren der Hühner hinter dem hohen Drahtzaun ist zu hören.

Tiersegnungsgottesdienst
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Tiersegnungsgottesdienst

Das war zunächst anders an diesem sonnigen Nachmittag, als sich Menschen und Tiere auf dem Aussiedlerhof von Otto Keupp in Oberdürrbach zum ökumenischen Tiersegnungsgottesdienst trafen. Da gackerte, bellte, wieherte und meckerte alles durcheinander.

Tiersegnung
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Doch nun ist alles ruhig.
Gemeindereferentin Cornelia Schäfer aus dem Dürrbachtal und Pfarrer Hans Schmidt von der St. Johannisgemeide aus Würzburg gehen zu jedem Gast auf dem Hof, der sein Haustier mitgebracht hat und segnen beide.

Tiersegnung
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Tiersegnung

Uschi Limbach hat ihre drei Hunde mitgebracht. Sie sitzen ihr zu Füßen und schauen sehr aufmerksam. Ob es an der Segnung liegt oder der Tube Leberwurst für Hunde weiß, man nicht. Sie genießt den Nachmittag und das schöne Miteinander von Mensch und Tier. „Meine Hunde sind meine Familie“, sagt Limbach. Sie ist dankbar für das Angebot. Schließlich kann man nicht mit den Tieren einfach so am Sonntag in die Kirche spazieren. Schwager Christoph findet ebenfalls die Form dieses „etwas anderen Gottesdienstes“ sehr gelungen.
Otto Keupp, auf dessen Hof die Tiere gesegnet werden, freut sich über die vielen Menschen, die gekommen sind.

Otto Keupp und Pfarrer Hans Schmidt (v.l.n.r.)
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Otto Keupp und Pfarrer Hans Schmidt (v.l.n.r.)

„Wir wollten den Menschen eine andere Möglichkeit bieten. Auch für diejenigen, die sich nicht in eine Kirche trauen. So entstand vor einigen Jahren diese Idee. Ganz am Anfang waren wir auch mit den Tieren in einer Kirche. Da waren sie auch ganz brav – so wie heute“, ergänzt er. „Die merken, wenn was los ist. Da werden die genauso andächtig wie wirMenschen!“, ist er überzeugt.
In einem bequemen Gartenstuhl sitzt Edith Meier. Zu ihren Füßen hat sich Dackel „Knuffel“ niedergelassen. „Wir sind zusammen über 100 Jahre alt“, strahlt sie. Die 93-jährige, rüstige Dame ist mit einem Taxi für 35 Euro den weiten Weg aus einer entfernen Gemeinde extra hierher gekommen. „Wissen sie“, erzählt sie, „ich bin sehr gläubig. Da war es mir sehr wichtig, mit meinem Hund heute hier zu sein und gesegnet zu werden. Ich sehe im Tier eine Kreatur Gottes, die uns anvertraut und von uns abhängig ist. Wir Menschen können uns doch immer irgendwie aus einer Klemme helfen,  aber ein Tier eben nicht.“

Tiersegnung
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Damit nimmt sie auch die Predigt von Pfarrer Hans Schmidt auf. Er spricht über einen Satz der Schöpfungsgeschichte aus dem 1. Buch Moses „...und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ Damit steigt die Verantwortung gegenüber der Kreatur. Er fordert ein Umdenken aller. Auch wenn noch vieles in Sachen Tier- und Umweltschutz im Argen liegt: es gibt so viele hoffnungsvolle Beispiele. Immer mehr Menschen stellen ihre Ernährung um und verzichten auf den täglichen Fleischkonsum. So schonen sie die Nutztiere und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. „Wir Menschen haben von Gott den Auftrag bekommen, die Erde schonend zu bebauen und sie für unsere Nachkommen zu bewahren. Gott hat uns Menschen und die Tiere erschaffen. Unsere Herausgehobenheit gegenüber dem Tier besteht lediglich in unserer Verantwortung. Trotz allem ist der Mensch immer widersprüchlich“, sagt er. „Aber das Bewusstsein, wie wir alle unsere Welt ein Stück besser machen können, sollten wir alle entwickeln.“
Seine zwei lebhaften Hunde hat er an diesem Tag jedoch lieber zuhause gelassen. „Nicht, dass die hier den Hof noch auseinander nehmen“, lacht er.
Cornelia Schäfer, die katholische Gemeindereferentin des Dürrbachtals hat selbst kein Haustier. Sie versteht jedoch die Lieber vieler Tierbesitzerinnen und Tierbesitzer.
Diese andere Art von Gottesdienst findet sie sehr gut „Ich glaube, dass wird auch die Zukunft der Kirche sein“, meint sie. Dorthin zugehen, wo die Menschen sind – neue Formen, neue Zeiten, neue Orte wird immer wichtiger werden.“

Christine Schmauß vom Forum Ökumene, Pfarrer Hans Schmidt und Gemeidereferentin Cornelia Schäfer
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Christine Schmauß vom Forum Ökumene, Pfarrer Hans Schmidt und Gemeidereferentin Cornelia Schäfer

Siggi Köhler und Uta Deitert sitzen bei einem Stück Kuchen zusammen. Die ehemalige Gemeindereferentin und ein Freund von Otto Keupp freuen, sich, dass auch in diesem Jahr alles gut abgelaufen ist.  „Es ist eben ein Format, mit dem man Menschen ansprechen kann, die sonst mit Kirche und Glaube nichts zu tun haben und nicht erreicht werden. Das ist nicht das Hauptziel, aber ein schöner Nebeneffekt“, freut sich Deitert. Köhler hingegen ist begeistert, dass – wie die letzten Jahre auch – alles so friedlich ist. „Wo viele Tiere so eng zusammenkommen, kann es schon mal knallen!“, weiß er. Uta Deitert berichtigt ihn: „Geknallt hat es aber bisher noch nie!“
Seit vielen Jahren begleiten beide diese Veranstaltung. Früher nahm Deitert ihren inzwischen verstorbenen Hund mit. Ob ihm der Segen gut getan hat? „Er hat jedenfalls sehr lange gelebt“, lächelt sie.
Inge Wollschläger


Dieser Artikel ist in der Ausgabe 43/2019 im Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern erschienen.